„Die Pfeifenorgel soll in der lateinischen Kirche als traditionelles Musikinstrument in hohen Ehren gehalten werden; denn ihr Klang vermag den Glanz der kirchlichen Zeremonien wunderbar zu steigern und die Herzen mächtig zu Gott und zum Himmel emporzuheben“ (Ritenkongregation nach dem II. Vat. Konzil, Instruktion: Musicam sacram 62 b).
Die Festorgel
Die Festorgel der Stiftsbasilika Klosterneuburg wurde in den Jahren 1636 bis 1642 aus zwei bereits in der Kirche vorhandenen Orgeln von dem Passauer Orgelbauer Johann Freundt zusammengebaut. Dadurch konnte Freundt aus zwei Orgeln jeweils das beste Material auswählen (die Festorgel besitzt z.B. keine Holzpfeifen). Ihrer Funktion entsprechend sollte sie hauptsächlich solistisch erklingen. Für die Begleitung hatte man die Chororgel zur Verfügung. Dem Umstand des solistischen Einsatzes ist es wohl auch zu verdanken, dass bei ihr während der letzten Jahrhunderte keine schwerwiegenden Eingriffe, weder im Pfeifenmaterial noch in den Laden, gemacht wurden. Somit steht heute ein außergewöhnliches Klangdenkmal jener Zeit zur Verfügung.
Ihre Disposition beinhaltet Merkmale der Renaissance und des Barock. Allein der Hauptwerksprinzipal sucht in seiner Strenge, Mächtigkeit und Klangfarbe seinesgleichen. Das Regal, ein „Standardregister“ der Renaissance, ist noch original erhalten. Dies ist für eine Zungenstimme eine Seltenheit – sie ist daher auch die einzige in Österreich. Die Orgel besitzt 35 Register auf 3 Manuale und Pedal verteilt. Eine Größe, die für damalige Verhältnisse äußerst selten war.
Sie ist mitteltönig gestimmt, d.h. die großen Terzen bestimmter Dur-Tonarten schweben nicht. Außerdem ist ihre Tonhöhe um ca. einen Halbton höher als die heutige Normalstimmung. Diese Tonhöhe entspricht dem süddeutschen Chorton der Entstehungszeit. Eine weitere zeittypische Eigenheit ist die „kurze Oktave“. Es fehlen in den Manualen und im Pedal die Töne cis, dis, fis und gis der großen Oktave. Diese tiefen Töne wurden wegen der mitteltönigen Stimmung fast nie verwendet und man sparte daher die Materialkosten. Dieser Umstand und die mitteltönige Stimmung schränken naturgemäß das auf diesem Instrument spielbare Repertoire ein. Unvergleichlich gut aber lassen sich Werke des 16. und 17. Jahrhunderts darauf interpretieren.
Knapp vor dem 2.Weltkrieg stellte man Holzwurmfraß in einigen Teilen fest. Das Instrument wurde demontiert, doch dann begann der Krieg. Nach Ende des Krieges wurde sie nach längeren Beratungen wieder so hergestellt, wie ihr voriger Zustand war (es gab Pläne sie zu vergrößern). Leider stand kein gutes Material für die zu erneuernde Traktur zur Verfügung, sodass damals nur ein Provisorium gemacht werden konnte.
1983/85 konnte die Firma Kuhn, Schweiz, die ursprüngliche Trakturführung rekonstruieren. Ebenso wurde ihre ursprüngliche Stimmung wieder hergestellt. Offen blieben die Rekonstruktion der Zungenstimmen und der Balganlage. Dies wurde 1990 nachgeholt. Dank ihres hervorragenden Klanges stellt die Festorgel eine der bedeutendsten europäischen Denkmalorgeln dar.
Daniel Freistetter (Leiter der Stiftsmusik) und Johannes Zeinler (Stiftsorganist) an der Festorgel
Die Chororgel
Die Chororgel wurde 2005 von der Firma Kuhn als „historischer Neubau“, der Bauprinzipien des 18. Jahrhunderts aufgenommen hat und sich in Gestaltung, Materialauswahl und Verarbeitung an süddeutsch–österreichischen Werken des 18. Jahrhunderts orientiert, konzipiert und umgesetzt. Das historische Gehäuse aus Nussbaumholz von 1780 des Wiener Hoforgelbauers Anton Pfliegler, welches vom Bildhauer Christoph Helfer reicht verziert worden ist, beheimatete ursprünglich ein Orgelwerk mit 16 Registern.
Die heutige Orgel besitzt 23 Register auf zwei Manuale und Pedal verteilt. Die Register- wie die Spieltraktur sind mechanisch. Der Spieltisch ist freistehend, da die Orgel im Zusammenspiel mit Chor und Orchester regelmäßig zum Einsatz kommt.
Kontakt
Johannes Zeinler
Stiftsorganist
j.zeinler@stift-klosterneuburg.at
+43 664 233 49 89