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Verleihung St. Leopold Friedenspreis 2020

22.10.2020

Verleihung St. Leopold Friedenspreis 2020

Reale Kunstwerke, virtuelle Preisverleihung. Der internationale „St. Leopold Friedenspreis 2020“ erging per Videobotschaft an drei Künstlerinnen. Petra Weifenbach erhielt den Hauptpreis und Gea van Eck sowie Jenny Ymker je einen Anerkennungspreis.

„Es war bereits alles vorbereitet, doch dann kamen die COVID-19 Reisewarnungen und machten der Preisverleihung, die normalerweise im Rahmen eines würdigen Festaktes erfolgt, einen Strich durch die Rechnung“, so Wolfgang Christian Huber, Kustos des Stiftes. Der internationale Kunstpreis des Stiftes Klosterneuburg war noch nie so international in der Preisvergabe wie dieses Jahr. Alle drei Preisträgerinnen hätten eine weite Anreise gehabt, die aufgrund der COVID-19 Situation, nicht durchführbar war. Daher hat man sich für eine virtuelle Vergabe des „St. Leopold Friedenspreis 2020“, mittels eines Videos entschieden. => Video auf Youtube

Die Preisträgerinnen

  • Den Hauptpreis erhält die in Lütjenburg in Schleswig-Holstein wirkende Künstlerin Petra Weifenbach für ihre Arbeit „Holland in Not“. Die Künstlerin spielt in ihrem Werk mit der heilen Welt der gewohnt idyllischen Landschaftsdarstellung auf den traditionellen Delfter Fayencen, die sie allerdings in mehrfacher Hinsicht verfremdet, um auf die Problematik des steigenden Meeresspiegels hinzuweisen.
  • Beide Anerkennungspreise gehen in die Niederlande und beide betreffen emotional anrührende und technisch ausgefeilte Textilkunstwerke: Gea van Eck aus Utrecht schuf aus Filz Figuren einer toten (offensichtlich ertrunkenen) Frau mit ihrem Baby mit dem Titel »Angespült«.
        Jenny Ymker aus Tilburg webt Gobelins in der klassischen Technik. Das ausgezeichnete Werk hat den Titel »Meine Füße können nicht mehr«.

St. Leopold Friedenspreis 2020
Der mit 12.000 EUR dotierte internationale Kunstpreis des Stiftes Klosterneuburg zeichnet Kunstwerke aus, die sich kritisch mit humanen und gesellschaftspolitischen Themen auseinandersetzen. Er wird alle zwei Jahre vergeben. Das Thema 2020 war: „Rette mich Gott, denn das Wasser geht mir bis zur Kehle! Ich bin versunken im Schlamm des Abgrunds und habe keinen Halt mehr.“ (Psalm 69,2)
Die Fachjury hatte aus allen 255 eingereichten Arbeiten 27 Werke ausgewählt und in einem zweiten Schritt daraus die Gewinnerinnen nominiert: Finalistinnen und Finalisten in alphabetischer Reihenfolge

Ausstellung bis 15. November 2021
Alle 27 Werke sind bis 15. November 2021 im Stiftsmuseum zu sehen.

„Wir danken allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern und gratulieren den Gewinnerinnen des St. Leopold Friedenspreises“, so Anton Höslinger Can.Reg., Stv. Kämmerer des Stiftes und Mitglied der Kunstpreis-Jury.


Hintergrund Informationen zu den Künstlerinnen und ihren Werken

Hauptpreis: Petra Weifenbach – „Holland in Not“
Den Hauptpreis erhält die in Lütjenburg in Schleswig-Holstein wirkende Künstlerin Petra Weifenbach für ihre Arbeit „Holland in Not“. Petra Weifenbach arbeitet in den unterschiedlichsten Techniken: Stickerei, Keramik, Fotografie, Malerei und Zeichnung. In ihren Werken kombiniert sie gerne Motive und Elemente, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben und obwohl sie oft ernste Themen behandelt, ist ihre Kunst durchaus mit einem Augenzwinkern zu betrachten. Die Künstlerin, die in Braunschweig studiert und lange in Köln gelebt hat, reagiert rasch auf aktuelle Entwicklungen unserer Gesellschaft und verarbeitet sie in ihren Werken: So gab es im Sommer als Antwort auf die Corona-Krise bereits eine Ausstellung von Fotoarbeiten mit dem Titel „Mangel“.

Bei „Holland in Not“ bestach in den Augen der Jury vor allem die Tatsache, dass in dieser Arbeit in virtuoser Weise mit mehreren Ebenen der Verfremdung gearbeitet wird, ohne dass die Aussage dadurch verunklärt oder verwässert wird. „Holland in Not“ erschließt sich auch dem nicht vorgebildeten Betrachter, wenn auch erst bei genauerem Hinsehen. Auf den ersten Blick ist noch alles in Ordnung. Zwei Zierkacheln im klassischen Blau-weiß der Delfter Fayence hängen an der Wand. Doch dann sind diese viel größer als man es gewohnt ist, sie sind nur aus Papier und deswegen federleicht und sie spielen mit der heilen Welt der gewohnt idyllischen Landschaftsdarstellung in perfekter Umsetzung des vorgegebenes Themas aus Psalm 69, denn der holländischen Windmühle steht das Wasser buchstäblich bis zum Hals. Was sich als heimelig- dekoratives Accessoire für die Landhausküche tarnt, entpuppt sich als bitterer Kommentar auf den Klimawandel. Das Drama des steigenden Meeresspiegels bedroht nicht nur indigene Völker in fernen Erdteilen sondern findet in unserer nächsten Nachbarschaft statt.

Die Anerkennungspreise
Beide Anerkennungspreise gehen diesmal in die Niederlande und beide betreffen emotional anrührende und technisch ungemein ausgefeilte Textilkunstwerke.

Gea van Eck – „Angespült“
Gea van Eck aus Utrecht arbeitet bevorzugt mit dem Material Filz. Sie formt daraus Skulpturen, manche davon witzig, manche ziemlich respektlos mit unverhohlenen erotischen Anspielungen, und manche, die mit ihrem schonungslosen Realismus ein gewisses Grausen auslösen. Das preisgekrönte Werk ist vor allem von dem weltbekannten Pressefoto eines ertrunkenen syrischen Flüchtlingskinds inspiriert. Die Figur einer toten Frau mit ihrem Baby mit dem Titel „Angespült“ hat bereits viele Besucher*innen unserer Ausstellung „was leid tut“ berührt, bewegt, vielleicht auch verstört. Gleichgültig kann man an dem Werk, das nach dem Willen der Künstlerin auf dem nackten Steinboden liegt, wohl kaum vorübergehen.

Jenny Ymker – „Meine Füße können nicht mehr“
Jenny Ymker aus Tilburg webt Gobelins in der klassischen Technik, die aber sowohl optisch als auch inhaltlich mit ihren historischen Vorbildern gar nichts zu tun haben. Grundlage aller ihrer Arbeiten sind Fotos, in denen sie selbst in einer Rolle auftritt, die aus einem persönlichen Erlebnis entspringt. Das Werk mit dem Titel „Meine Füße können nicht mehr“ ist von ihrer Arbeit als Altenpflegerin inspiriert. Eine Frau bleibt beim Spazierengehen stehen, sie möchte weiter, doch sie kann es nicht mehr, ihre Füße verweigern den Dienst, Gehirn und Körper kommunizieren nicht mehr miteinander. Der nächste Schritt wird zum unüberwindlichen Hindernis. Herr, komm mir zur Hilfe, meine Füße können nicht mehr!  „Ich wollte, dass meine Arbeit nicht nur die Trauer und Verzweiflung ausstrahlt, sondern sehr wohl auch die Kraft, dennoch, vielleicht mit Hilfe, weiter zu gehen, auch wenn sich vor einem vielleicht ein hoher Berg auftut.“

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