Orden als „Orte der Freiheit“ für Frauen in der Kirche
Orden als „Orte der Freiheit“ für Frauen in der Kirche
Einen Beruf auszuüben ist zu wenig, Berufung erfüllt – das gilt für alle Berufe. Die Berufung in einem Orden zu Wirken bietet jedoch große Freiräume und Sicherheit, in und durch die Gemeinschaft. Für Ordensfrauen sind die Orden zudem „Orte der Freiheit“ innerhalb der Kirche. Das waren zentralen Aussagen einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „Warum Ordensfrau? Warum nicht?“, zu der das Stift Klosterneuburg am 12. September 2024 gela-den hatte.
Das Leben in einem Orden bietet zugleich große Freiräume wie auch Sicherheit in und durch die Gemeinschaft. Und für Ordensfrauen im Speziellen sind die Orden zudem „Orte der Freiheit“ innerhalb der Kirche. Das waren einige der zentralen Aussagen einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „Warum Ordensfrau? Warum nicht?“, zu der das Stift Klosterneuburg am Donnerstagabend des 12. Septembers geladen hatte.
Es diskutierten die deutsche Salvatorianerin, Buchautorin und Podcasterin Sr. Melanie Wolfers, die Wiener Karmelitin Sr. Agnes Mayer, der Psychotherapeut, Theologe und Autor Arnold Mettnitzer sowie der Klosterneuburger Augustner-Chorherr Tassilo Lorenz.
Ordensgemeinschaften als Seilschaft
Sr. Wolfers sprach von „großen Freiräumen“, zugleich erlebe sie ihre Gemeinschaft auch als eine Art „Seilschaft“, wo man miteinander verbunden sei und sich gegenseitig Sicherheit gebe. Wolfers erinnerte zudem daran, dass Frauenorden in vergangenen Jahrhunderten nicht zuletzt auch „Orte der Freiheit“ für die Frauen in einer von Männern dominierten Gesellschaft und Kirche waren. Orte, in denen sie sich selbst organisierten und ihr Leben in die Hand nehmen konnten. Und in gewisser Weise böten die Frauenorden auch heute noch solche Freiräume innerhalb der Kirche.
Wie könne man aber erkennen, ob man zu einem Leben in einem Orden berufen sei? Wolfers: „Wenn deine Liebesfähigkeit und dein Lebendigsein wachsen. Wenn du das spürst, dann geh diesen Weg.“ Dabei gelte es, nicht nur sich selbst in den Blick zu nehmen. Es gehe auch um die Frage: „Wo bereichere ich das Leben anderer, wo bin ich gefragt?“
Die Welt kommt zu uns
Sr. Agnes Mayer lebt im Wiener Karmel und gehört damit einem streng kontemplativen Orden an. Dieses Leben in Zurückgezogenheit sei schwierig und erfüllend zugleich, sagte sie. Freilich: „Man muss dazu berufen sein. Mich hat dieses Leben angezogen. Es schenkt mir Weite.“ Die Welt mache aber vor dem Kloster nicht Halt, so Mayer. Die Schwestern würden im Gebet das Leben außerhalb des Klosters mittragen. Ob man für ein Leben im Orden oder gar in einem kontemplativen Orden berufen sei, müsse man einfach durch das Leben austesten. Es gehe um die Frage: „Kann ich hier erfüllt leben und meine Freiheit finden?“
Der Talar muss sitzen
Tassilo Lorenz ist im Stift Klosterneuburg u.a. für die Novizenausbildung zuständig. Er führe diese Aufgabe freilich nicht allein aus, sondern mit einem Team aus Mitbrüdern und weltlichen Mitarbeitenden. Die umfassende Ausbildung der jungen Augustiner-Chorherren – vor Kurzem hat Propst Anton Höslinger drei junge Novizen ins Stift aufgenommen – beinhalte u.a. auch vielfältige Bereiche der Persönlichkeitsbildung, berichtete Lorenz. Das Hineinwachsen in die Gemeinschaft und das liturgische Leben der Chorherren sei sowohl für diese, wie auch für die Novizen eine Herausforderung, so Lorenz. Wörtlich und symbolisch gehe es um das Kriterium: „Der Talar muss sitzen.“ Das Noviziat sei eine Zeit der Prüfung, wo man auch jederzeit wieder aussteigen könne.
Wolfers bezeichnete das Noviziat auch im Blick auf ihre eigenen Erfahrungen u.a. als eine Art „Wüstenerfahrung“. Man lerne sich selbst besser kennen. Das Noviziat sei eine Zeit der „spirituellen und menschlichen Selbsteinsicht“.
Stille aushalten können
Dazu bemerkte Arnold Mettnitzer, dass in der Gesellschaft immer mehr die Fähigkeit verloren gehe, Stille bzw. sich selbst in Stille auszuhalten. Allerdings eine grundlegend notwendige menschliche Fähigkeit, wie der Psychotherapeut betonte. Umso wertvoller seien die Erfahrungen von Stille im Rahmen der Ausbildungen in den Orden, so Mettnitzer, der in diesem Zusammenhang auch über seine eigenen Erlebnisse bei den Jesuiten berichtete.
Mettnitzer brachte in die Diskussion auch den Aspekt ein, dass Berufung in der Kirche allzu lange nur unter dem Aspekt eines Lebens als Priester oder Ordensmann bzw. Ordensfrau verstanden wurde. Vor allem in kirchlichen Bildungseinrichtungen seien andere Berufungen nicht ernst genommen worden.
Alle Diskutanten waren sich einig, dass jede Berufung – egal ob Tischler, Arzt oder Ordensfrau bzw. Ordensmann – gleichwertig sei, es gehe schlicht darum, die eigene zu finden. Wolfers dazu: „Christsein heißt, die Hände falten und die Ärmel hochkrempeln“. Das sei die Berufung jedes Christen. Sr. Mayer formulierte es so: „Einen Beruf auszuüben ist zu wenig, Berufung erfüllt.“ – (Red. KAP/StiftKlbg)
Ausstellung „Wir Schwestern“
Die Ausstellung „Wir Schwestern“ beleuchtet die weithin vergessene Geschichte des Klosterneuburger Chorfrauenstiftes, die dort lebenden Frauen sowie ihre Aufgaben, ihr Alltag und ihre Feste. Die Ausstellung ist bis 15. November 2024 zu sehen.
Podiumsdiskussion zum Nachhören und Nachsehen
Ein Zusammenschnitt der Podiumsdiskussion „Warum Ordensfrau? Warum nicht?“ wird am 18. September 2024 um 17:30 Uhr in Radio Klassik Stephansdom ausgestrahlt. Eine vollständige Aufzeichnung ist am YouTube Kanal des Stiftes nachzusehen: https://www.stift-klosterneuburg.at/live/
Bild: v.l.n.r. Moderatorin Maria Harmer, Tassilo Lorenz Can.Reg., Sr. Melanie Wolfers SDS, Propst Anton Höslinger Can.Reg.,
Sr. Agnes Mayer OCD und Arnold Mettnitzer (© Stift Klosterneuburg / W. Hanzmann, Abdruck honorarfrei)
Walter Hanzmann – Pressesprecher
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