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Im Spannungsfeld Klausur und Mission

10.06.2024

Im Spannungsfeld Klausur und Mission

Podiumsdiskussion im Chorherrenstift ging Frage nach, wie Balance zwischen Leben in Zurück-gezogenheit im Kloster und missionarischem Dienst an den Menschen gelingen kann

Die Ausstellung „Wir Schwestern“ im Stift Klosterneuburg widmet sich einer vergessenen Institution: dem Augustiner-Chorfrauenstift Klosterneuburg. Die Geschichte dieses Klosters, die Frauen, die dort lebten, ihre Beweggründe ins Kloster zu gehen, ihre Aufgaben, ihr Alltag und ihr gesellschaftlicher Stellenwert sind zentrale Themen der aktuellen Ausstellung. Hierzu gibt es zwei Podiumsdiskussionen, die sich zwar inhaltlich nicht mit der Ausstellung im Konkreten befassen, aber als thematische Impulsgeber für ein Gespräch im Hier und Jetzt dienen.

Wie schaffen es Ordensleute heute, ein Leben in Zurückgezogenheit im Kloster mit dem Dienst an den Menschen zu verbinden? Dieser Frage ging die erste der zwei Podiumsdiskussionen nach. Dazu diskutierten am Donnerstagabend im Stift Sr. Nathanaela Gmoser von den Benediktinerinnen der Anbetung in Wien, der Leistungsdiagnostiker und Gesundheitsexperte Prof. Heinrich Bergmüller sowie der Klosterneuburger Stiftsdechant Clemens Galban.

Die Gemeinschaft der Augustiner-Chorfrauen bestand in Klosterneuburg von 1133 bis 1568. Der Klosterneuburger Propst Anton Höslinger wies eingangs darauf hin, dass die Chorfrauen laut neuesten Forschungen zum einen ein intensives und auch von den Chorherren sehr unabhängiges spirituelles Leben führten, zum anderen viele Dienste im Bereich der Bildung, Armenfürsorge und Krankenbetreuung ausübten. Aus dieser Spannung zwischen dem zurückgezogenen Leben im Kloster und dem Dienst an den Menschen hätten die Schwestern auch Kraft geschöpft. Und dieses Spannungsverhältnis zeichne auch die Chorherren bis heute aus, betonte der Propst.

Stiftsdechant Galban hielt fest, dass man im Falle der Chorherren von Klosterneuburg sicher nicht von einem Rückzug hinter Klostermauern sprechen könne. Die Mission der Chorherren liege in erster Linie in der Pfarrseelsorge. Die Kraft komme freilich aus der Gemeinschaft, dem gemeinsamen und auch persönlichen Gebet. „Alles beginnt und endet mit der Beziehung zu Christus. Niemand gibt, was er selbst nicht hat“, so Galban wörtlich. Der Stiftsdechant warnte in diesem Zusammenhang auch vor Aktionismus. „Wir machen uns selbst nicht besser. Gott macht uns besser. Geben wir Gott Raum in unserem Leben.“

Balance zwischen Klausur und Mission

Galban sprach von der rechten Balance zwischen Klausur und Mission. Bei den Chorherren in Klosterneuburg habe er die für ihn passende Lebensform gefunden. „Ich war vor meinem Eintritt in Klosterneuburg fünf Jahre Weltpriester. Dann bin ich eingetreten und habe nicht mehr zurückgeschaut.“

Von der notwendigen Balance sprach auch Heinrich Bergmüller. Er erläuterte seine „Bergmüller-Methode“: Genau und gezielt die dem Körper zumutbare äußere Belastung durch Bewegung und Sport auf die innere Beanspruchung des Stoffwechsels und der Organe abzustimmen und somit dem Körper immer exakt das Maß an Bewegung zuzuführen, das für die jeweilige Zielstellung der einzelnen Person richtig ist.

Der Erfolg gebe ihm recht. Bergmüller betreute u.a. zahlreiche österreichische und internationaler Skistars, darunter u.a. die Olympiasieger Hermann Maier, Stefan Eberharter, Fritz Strobl, Leonhard Stock oder Patrick Ortlieb. Seine Methode sei freilich für jedermann geeignet, so Bergmüller, der auch sehr persönlich von einer schweren Erkrankung und der Umstellung seines Lebensstils sprach. Viel Kraft gebe ihm auch das tägliche Lesen in der Bibel.

Gemeinschaft trägt und fordert heraus“

Für Sr. Gmoser ist Klausur zum einen der räumlich abgegrenzte Bereich eines Klosters, der den Ordensleuten vorbehalten ist. Zugleich sei Klausur aber auch ein innerlicher Bereich, „ein Raum, der nur Gott und mir gehört“. Sie erlebe die Balance zwischen Klausur und Mission als durchaus spannungsgeladen, räumte Gmoser ein. Zugleich ein zurückgezogenes und aktives Leben zu führen, bleibe eine ständige Herausforderung.

Dabei sei das Leben im Benediktinerinnenkloster nicht mit jenem im Chorherrenstift vergleichbar. „Unser Kloster ist nicht in erster Linie dazu da, dass wir hinausgehen zu den Menschen. Wir geben unser christliches Zeugnis durch unser Dasein, unsere Beständigkeit am Ort. Und hier heißen wir unsere Gäste willkommen“, so Gmoser, die selbst als Berufungscoach tätig ist. „Jeder Mensch hat von Gott eine Berufung. Dieser spüren wir nach.“

Die Ordensfrau sprach zwei Vorurteile über das Klosterleben an. Zum einen die Vorstellung von den „armen Schwestern“, die auf alle weltlichen Freuden verzichten müssten, zum anderen das Bild von Schwester, die sich im Kloster ein ruhiges und gemütliches Leben ohne Sorgen machen. Beide Bilder seien natürlich falsch und würden der Realität nicht entsprechen. „Die Gemeinschaft trägt und fordert zugleich heraus“, brachte es Gmoser auf den Punkt.

Klöster als „geistliche Zentren“

Im Publikum mit dabei war der Altpropst von Stift Herzogenburg, Maximilian Fürnsinn. Er bekräftigte im Rahmen der Diskussion seine Überzeugung, dass die Klöster und Stifte sich angesichts der gesellschaftlichen und kirchlichen Entwicklung als „geistliche Zentren“ etablieren müssten.

Die Ausstellung „Wir Schwestern“ beleuchtet die weithin vergessene Geschichte des Klosterneuburger Chorfrauenstiftes, die dort lebenden Frauen sowie ihre Aufgaben, ihr Alltag und ihre Feste. Die Ausstellung ist bis 15. November 2024 zu sehen.

Nachhören und Nachsehen

Ein Zusammenschnitt der Podiumsdiskussion „Klausur und Mission. Ein Widerspruch?“ wird am 5. Juli um 17:30 Uhr in Radio Klassik Stephansdom ausgestrahlt. Eine vollständige Aufzeichnung ist am YouTube Kanal des Stiftes nachzusehen: https://www.stift-klosterneuburg.at/live/

Zweite Podiumsdiskussion

Die zweite Podiumsdiskussion zur Ausstellung findet am 12. September (19 Uhr, Augustinussaal) statt. Sie steht unter dem Motto „Warum Ordensfrau? Warum nicht?“ Hinterfragt werden sollen dabei Identitäten als Ordensfrau bzw. Ordensmann, deren Stellenwert in der Gesellschaft oder auch, welches Lebenskonzept hinter einer Entscheidung zum Ordensleben stehen.  (Red. KAP/StiftKlbg)

 

 

Bild: Gruppenbild mit Moderatorin Maria Harmer (r.), Propst Anton Höslinger Can.Reg., Schwester Nathanaela Gmoser OSB,
Gesundheitsexperte Heinrich Bergmüller und Stiftsdechant Clemens Galban Can.Reg.

© Stift Klosterneuburg / W. Hanzmann, Abdruck honorarfrei

 

 

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