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Roman Scholz – vor 80 Jahren von den Nazis hingerichtet

10.05.2024

Roman Scholz – vor 80 Jahren von den Nazis hingerichtet

Klosterneuburger Chorherren und Schüler des Gymnasiums Klosterneuburg gedachten des Ordensmannes, der eine der bedeutendsten Widerstandsgruppen Österreichs in der NS-Zeit gegründet hatte - Gedenkgottesdienst am 10. Mai in der Klosterneuburger Stiftsbasilika

Am Freitag, 10. Mai, jährt sich zum 80. Mal der Todestag des von den Nationalsozialisten hingerichteten Augustiner-Chorherren, Dichters und Jugendseelsorgers Roman Karl Scholz. Scholz gilt als Gründer einer der ersten und bedeutendsten Widerstandsgruppen Österreichs in der NS-Zeit. Zum Gedenken an ihn Findet am Freitag um 18 Uhr eine Messe in der Stiftsbasilika mit Propst Anton Höslinger statt. Schon am Dienstag gedachten das Stift und das Gymnasium Klosterneuburg in einer Veranstaltung des Chorherren Roman Scholz sowie der vielen weiteren NS-Opfer.

Zu der Gedenkveranstaltung im Stift Klosterneuburg konnten Propst Anton Höslinger und Schuldirektorin Hemma Poledna zahlreiche Schüler und Lehrer, aber auch einige (inzwischen in die Jahre gekommenen) Kinder von ehemaligen Jugendlichen begrüßen, die Roman Scholz in Klosterneuburg noch unterrichtet hatten. Durch alle Grußworte zog sich die Feststellung, dass Freiheit und Demokratie keine Selbstverständlichkeit sind, sondern stets aufs Neue errungen und bewahrt werden müssen.

Roman Scholz habe mit seinem Glauben und seinen politischen Überzeugungen gerungen, so Propst Höslinger. Scholz habe in diesem Ringen schließlich die Kraft gefunden, für seine Überzeugungen sogar in den Tod zu gehen.

4.000 politische NS-Opfer

Den Festvortrag hielt Johannes Schönner vom Karl von Vogelsang-Institut. Er führte eingangs aus, dass sein Institut vor etwas mehr als zehn Jahren gemeinsam mit dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) im Rahmen eines gemeinsamen Projekts eine Datenbank aller „Politischen Opfer des Nationalsozialismus“ in Österreich erstellt hatte. Insgesamt fanden sich darin am Ende des Projekts an die 4.000 Namen. Die meisten davon gehörten der Arbeiterbewegung oder den Kommunisten an, aber es seien auch viele Personen aus dem kirchlichen Bereich dabei gewesen.

Tausende Priester und kirchliche Laien litten unter brutalsten Verfolgungen und Gestapo-Terror, wurden ständig beobachtet und oftmals beim ersten Wort einer Kritik am NS-System denunziert, führte Schönner u.a. aus. Die Bandbreite der darauffolgenden Maßnahmen reichte vom Gauverweis bis zur KZ-Haft. Alleine im KZ Dachau waren ab 1939/40 eigene Priester-Baracken eingerichtet, um Haftplatz für die tausenden Geistlichen aus Deutschland und den besetzten Gebieten zu schaffen

Schönner nannte neben Roman Scholz u.a. auch Pfarrer Otto Neururer und Pater Franz Reinisch, beide wurden wegen ihres Glaubens ermordet; ebenso die Selige Sr. Restituta Kafka, den Seligen Franz Jägerstätter und Kaplan Heinrich Maier, der 1945 als einer der letzten knapp vor der Befreiung Österreichs hingerichtet wurde. Der Historiker wies zudem darauf hin, dass auch Laienorganisationen oder katholisch bestimmte Organisationen wie beispielsweise der Mittelschülerkartellverband oder der Cartellverband aufgrund ihres grundsätzlichen oppositionellen Werteverständnisses bereits ab den ersten Stunden des „Anschlusses“ verfolgt wurden. Die wesentlichen „Delikte“, wegen derer die Menschen verurteilt wurden, waren laut Schönner Hochverrat und Landesverrat, Heimtücke, Schleichhandel, das Hören von Feindsendern, Schwarzschlachten oder auch Abtreibung.

Der Historiker warnte in seinem Vortrag davor, nur aus heutiger Perspektive die Ereignisse von damals zu beurteilen. Die vom NS-Regime gerade zu Beginn ihrer Herrschaft geschickt dargestellte Propagierung von Gemeinsamkeiten zwischen dem Christentum und dem Nationalsozialismus habe gerade in der ersten Phase nicht ihre Wirkung auf die breite Masse der Gläubigen verfehlt: „Es soll an dieser Stelle nicht unausgesprochen bleiben, dass die vermeintliche Vereinbarkeit von Kirche und Nationalsozialismus, in ihrer Absurdität und Naivität heute klar zu erkennen, durchaus existent war.“ Andererseits hätten viele katholische Priester, Laien und Akademiker sehr wohl schon vor 1938 die wahre Natur des Nationalsozialismus erkannt und auch Konsequenzen gezogen.

Augustiner-Chorherr Roman Karl Scholz

Der 1912 in Mähren geborene Karl Scholz war geprägt von der christlich-deutschen Jugendbewegung seiner Zeit und hatte sich zunächst dem Nationalsozialismus zugewandt. 1930 trat er in das Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg ein, nahm den Ordensnamen Roman an und wurde 1936 zum Priester geweiht. Im selben Jahr wandelte sich seine politische Haltung radikal: Nach der Teilnahme am NS-Reichsparteitag in Nürnberg hatte der Jugendseelsorger den unmenschlichen Charakter des Regimes erkannt und wurde überzeugter Gegner.

Mit seinem ehemaligen Mitbruder Viktor Reimann gründete Scholz die Widerstandsgruppe „Deutsche Freiheitsbewegung“, die nach dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland im März 1938 in „Österreichische Freiheitsbewegung“ umbenannt wurde. Erklärtes Ziel war die geistige Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Ideologie und aktiver Widerstand.

Mitglieder der Gruppe waren Freunde und Schüler – Scholz wirkte als Kaplan und Religionslehrer -, während er sein Engagement vor seiner Ordensgemeinschaft geheim hielt. Eines der Mitglieder war der Burgschauspieler Otto Hartmann, der die Gruppe im Juni 1940 verriet. Die NS-Behörden stuften die Bewegung als „geheime hochverräterische Organisation“ ein. Nach Scholz‘ Verhaftung am 22. Juni konnte die Gestapo in Folge die Mehrheit der Gruppenmitglieder ausforschen und festnehmen.

Für Scholz folgten dreieinhalb Jahre Kerkerhaft in insgesamt elf Haftanstalten. Erst am 22. Februar 1944 begann das Gerichtsverfahren gegen Scholz, schon am nächsten Tag wurde er zum Tod verurteilt. Die Begründung des Todesurteils lautete auf Hochverrat und Landesverrat. Am 10. Mai wurde Scholz, gerade 32 Jahre alt, im Wiener Landesgericht vor das Schafott geführt. Seine letzten Worte waren „Für Christus und Österreich“.

Johannes Schönner präsentiert in seinem Vortrag jenen Auszug aus dem vom Gefangenenseelsorger Eduard Köck verfassten Sterbebuch des Wiener Landesgerichts, auf dem der Name Roman Scholz eingetragen ist. Mit ihm seien an diesem Tag über 30 Personen, Frauen und Männer, hingerichtet worden, so Schönner: „Das soll am heutigen Tag, an dem Roman Karl Scholz gedacht wird, nicht unausgesprochen bleiben. Das Gedenken gilt wohl uneingeschränkt allen.“ / Red. StiftKlbg/KAP

 

Portraitfoto: Augustiner-Chorherr Roman Karl Scholz
Gruppenbild: v.v.l.n.r.: Bezirkshauptmann Andreas Riemer, Bürgermeister Christoph Kaufmann, Propst Anton Höslinger, Johannes Schönner vom Karl von Vogelsang-Institut, Schuldirektorin Hemma Poledna, Vizebürgermeisterin Maria Therasia Eder; dahinter Religionslehrer Chorherr Tassilo Lorenz mit den Klassensprechern der 7. Klasse.
Fotos: Copyright Stift Klosterneuburg. Abdruck honorarfrei.

 

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